Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von nikola-reinartz.de und nikolaus-reinartz.de





Alte Münzfunde aus Kreuzweingarten und der Nachbarschaft.





Nummer 55 des Volksblattes brachte anläßlich des Fundes eines alten Stübers in Bodenheim eine kurzweilige Plauderei über diesen Gegenstand. Nun, Stüber sind ja allerdings Dutzendware, aber bisweilen beschenkt der alte Kulturboden unserer Heimat glückliche Finder auch mit wertvollem Gute, hochinteressanten Münzstücken älterer und ältester Zeit.

So fanden sich bei Ausräumung des Römerkanals bei Kreuz-Weingarten unter Knochen von allerhand Getier, darunter ein Hauer von einem Wildschwein, auch ein Lichthaken, ein eingravierter Bleideckel von einem Humpen und eine Silbermünze des damaligen Euskirchener Landesherrn Herzogs Philipp Wilhelm von Jülich, der von 1633–1679 regierte und Schwiegervater des deutschen Kaisers Leopold und dreier europäischer Könige (Spanien, Polen und Portugal) wurde. Wir haben da einen Beleg dafür, daß der Römerkanal, wie eine alte Notiz berichtet, in früheren Zeiten nicht nur dem Wild, sondern auch dem Menschen als Versteck gedient hat. Unsichere kriegerische Zeiten, von denen uns wieder eine Schwedenmünze erzählt, welche im Orte selbst, im Garten von Emonds, gefunden wurde. Es ist eine Kupfermünze in Talergröße, ½ Oer, mit dem Namen des Schwedenkönigs Gustav Adolf von 1628, also aus dem Dreißigjährigen Kriege, von dessen Greueln ein alter Grabstein auf dem Friedhof ehedem berichtete: „N.N. von den (mit den Schweden verbündeten) Hessen grausam zu Tode gebracht“.

Hier kam aber auch bei der Erweiterung des Friedhofes an der alten Mauer eine römische Kaisermünze aus dem vierten Jahrhundert zutage, als Beigabe eines Skelettes von ungewöhnlicher Größe, der übliche Obolus, welcher den Toten in den Mund gegeben wurde für den Fährmann Charon bei der Überfahrt nach dem Hades. Erinnern wir uns daran, wenn wir den heiligen Berg besteigen, wie auch hier das Licht vom Kreuze das Dunkel heidnischen Aberglaubens besiegt hat. Ein anderes Bild römischen Kulturlebens zeigen uns drei römische Silbermünzen feinster Prägung, welche in einer Graburne in der Nähe des Bahnhofes gefunden wurden. Zwei derselben zeigen das reizende Bildnis Gordians III., des kaiserlichen Knaben, der 238 im Alter von 13 Jahren auf Verlangen des Volkes vom Senate auf den Thron der Cäsaren erhoben wurde. So trägt denn die Rückseite das Symbol und die Inschrift „Laetitia Augusti“ – Die Freude des Kaisers – und die andere „Pax Augusti“ – Der Friede des Kaisers –. Auch dies schien berechtigt: Der junge Kaiser, 17 Jahre alt geworden, befand nach Niederwerfung der Gothen sich auf einem siegreichen Feldzug gegen die Perser, da wurde er von seinem Nachfolger Philippus Arabs, dessen scharf markierte Züge die dritte Münze zeigt, ermordet – wie so viele der heidnischen römischen Kaiser. Und doch ließen sie sich so gerne göttliche Ehre erweisen, wurden von Staatswegen bereits zu Lebzeiten oder doch nach ihrem Tode zu Göttern erklärt. Das sehen wir an einem Prachtstück römischer Numismatik, das durch edelste grüne Patina ausgezeichnet, auf dem Metzenschen Anwesen in Kalkar 1935 gefunden wurde. Die Münze zeigt das Bild der älteren Faustina, der Gemahlin des Kaisers Antonius Pius, einen Kopf von junonischer Hoheit mit der Umschrift: „Die göttliche Faustina“; auf der Rückseite „Aeternitas“ – Ewigkeit – und „Durch Senatsbeschluß“. Es mag eine ganz vortreffliche Frau gewesen sein, die Gattin des frommen Antonin, aber du arme Göttin, was hat das blinde Heidentum aus dir gemacht und für alle Ewigkeit! Was bedeutest du heute der Menschheit? Was weiß man heute noch von dir? Wer dächte heute überhaupt noch an dich, wenn man nicht hie und da vielleicht noch einmal dein Bild im Sande verschüttet fände. Und wie du, so ist auch das ganze stolze römische Weltreich, das unter dem eben genannten Philippus Arabs sein tausendjähriges Bestehen gefeiert hat, in den Staub gesunken!

Die reichste Fundstätte römischer Münzen ist der Kaiserstein zwischen Kreuz-Weingarten und Billig. Bei den Ausgrabungen, die in den siebenziger Jahren dort unter Leitung von Direktor Pohl stattfanden, wurden deren Hunderte gefunden, die von der Regierungszeit Kaiser Galbas 68 n. Chr. bis Theodosius 394 n. Chr. berichten. Ein gut Teil ist aber auch in den Händen der Arbeiter oder der Grundstücksbesitzer geblieben und ist es wohl heute noch, wenn auch die Engländer zur Zeit der Rheinland-Besatzung manch Stück abgeschleppt haben. Dabei bringt aber auch der Pflug des Landmanns stets neue Stücke ans Tageslicht, die das geschärfte Auge des Kenners besonders im Frühjahr, wenn der Winterregen dieselben abgewaschen hat, entdeckt. Es ist mir unvergeßlich geblieben, wie ich vor vielen Jahren mit einem solch findigen Herrn – dieser zum erstenmal – den Kaiserstein besuchte, und wir etwa eine halbe Stunde dort plaudernd zwischen den römischen Ziegeln und Scherben umherspaziert waren, da bückt mein Begleiter sich und hebt mit den Worten: „Endlich habe ich eine“ ein römisches Münzchen vom Boden auf. Das nämliche ist mir dann auch selber im Laufe der Zeit geglückt. Dies häufige Vorkommen römischer Münzen gerade auf dem Kaiserstein, kann niemand wundern, der bedenkt, daß dort die Station der vielbefahrenen römischen Fernstraße Köln–Trier war, wo die schwierige Gebirgspassage durch die Eifel anging, und darum Mann und Roß in den zahlreichen canabae, Wirtschaften mit Verkaufsläden, Rast hielten. Dabei wurde manch guter Trunk gehalten und wird mancher As und Sesterze in den Ritzen des Estrichs verschwunden sein. Vor allem aber mag das Geld zurückgelassen und verstreut worden sein, als viele römische Geschäftsleute beim Herannahen der Germanen fluchtähnlich das Land verließen. Schon lange und immer drohender hatten diese ja Einlaß begehrend an den Pforten des alten römischen Reiches angeklopft. Als dann die Legionen um das Jahr 400 endgültig vom Rheine abberufen wurden, da war die neue Zeit angebrochen.

Die merovingische Frankenkönige gewannen die Macht, wenn sie auch nicht die Schätze der Römer besaßen. Münzen und Nachrichten aus der Zeit sind gar selten. Um so wertvoller ist das kleine, kaum Fingernagel große Goldmünzchen, das 1935 beim Waldroden in der Nähe von Palmersheim gefunden worden ist. Stark beschnitten, ist es nicht leicht zu deuten. Von einem der bedeutendsten Fachmänner, Alfred Roß in München, wurde es als ein Merovingischer Triens erkannt, ein Unikum seiner Art, wahrscheinlich in Mainz geprägt. Er erinnert an den alten Königshof in Flamersheim, der von Alter morsch geworden, bekanntlich i. J. 870 bei dem Besuche Ludwigs des Deutschen einstürzte, wobei der König selber zwei Rippen brach, und ist ein neuer Anhaltspunkt dafür, daß dieser bereits in die älteste Frankenzeit hinaufreicht. Ein großer Fund wurde dann letzten Sommer im nämlichen Palmersheim auf dem Kirchhof gemacht; in einem kunstvollen mittelalterlichen Kruge fand sich ein Schatz von 60 Gold- und 160 Silbermünzen des 14. und 15. Jahrhunderts vergraben.

Solche Schatzfunde, die vielleicht alle Menschenalter einmal vorkommen können, pflegen dann die Phantasie der Zeigenossen auf Jahre hinaus zu beschäftigen. Kein Wunder, daß das Volk sich von alten Schatzgräbern zumal in Weingarten noch manches erzählt. Andererseits lesen wir in der Geschichte der Volksmission v. J. 1742 daselbst: „Zur Freude des Pfarrers wurde ein Betrüger vertrieben, der einfältige Bauern zur Schatzgräberei verlockte“.

Eine interessante alte Münze finden und sie dann wissenschaftlich und heimatgeschichtlich auswerten, ist eine feine Sache; Schatzgräberei treiben hingegen wohl oft verführerisch, aber noch mehr gefährlich, ganz abgesehen von dem staatlichen Verbote durch das Ausgrabungsgesetz vom 26. März 1914. Goethe hat uns das trefflich geschildert in seinem Gedicht: Der Schatzgräber.

„Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt' ich meine langen Tage.
Armut ist die größte Plage,
Reichtum ist das höchste Gut!
Und zu enden meine Schmerzen,
Ging ich einen Schatz zu graben.
Meine Seele sollst Du haben!
Schrieb ich hin mit eig'nem Blut“.

Was er jedoch zu seinem Glücke findet, ist die Weisheitslehre:

„Fasse Mut zum reinen Leben!
Dann verstehst Du die Belehrung.
Kommst mit ängstlicher Beschwörung
Nicht zurück an diesen Ort.
Grabe hier nicht mehr vergebens.
Tages Arbeit! Abends Gäste;
Saure Wochen! Frohe Feste!
Sei Dein künftig Zauberwort“.

R.P.





Euskirchener Volksblatt, Nr. 63, 16.3.1937.









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