Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Die Gründung Mariawalds
und der Sagenkranz um das Heimbacher Gnadenbild
Eine Untersuchung aus dem Grenzgebiet von Sage und Geschichte
Von Dr. Reinhold Heinen (Berg vor Nideggen)

D. 4. a) Der Ortswechsel

Goerke gibt im Anschluß an Radermächers Aufzeichnung „der Überlieferung gemäß“ folgende Erzählung wieder (3. Aufl., S. 6. Die 1. Auflage enthielt S. 12 eine weniger ausführliche Fassung):

Eines Morgens fand Fluitter das Bild weit entfernt von dem Orte, wo er es zuerst aufgestellt hatte, und zwar in einem Dornstrauch auf dem Berschet (Bergscheid). Er brachte es wieder auf seinen ersten Platz am Amselbach zurück. Da sich dieser Vorfall mehrere Tage hintereinander wiederholte, erblickte Fluitterer darin den Willen der Gottesmutter, daß das Bild an dieser Stelle bleiben solle, und ließ es dort.

In eine andere Lesart, die Hoffmann (Zur Volkskunde des Jülicher Landes, 1. Bd. Sagen aus dem Rurgebiet, S. 7) mitteilt, mischt sich bereits das Motiv der feindlichen Brüder hinein. Danach nimmt Fluitter aus Angst vor seinem ihm abholden Bruder abends das Bild aus dem Walde mit nach Hause und verbirgt es im Wandschrank hinter dem Ofen, von wo es am nächsten Morgen wieder auf seine alte Stelle im Walde zurückgekehrt ist. Dieses Ereignis wiederholt sich mehrmals. Eine dritte Lesart findet sich bei Fischbach (Mariawald, S. 24 und dementsprechend auch in „Mariawald im Auftrage des Hochw. Herr Dom. Johannes Baptista“, S. 36): Fluitter fand in den ersten Tagen, so oft er zu dem Bilde im Wald zurückkehrte, dessen Platz verändert. Daher der Name dieses Berges: Bildchesberg. Eines Tages fand er es weit entfernt in einem Dornstrauch auf dem Berschet wieder, wo er es stehen ließ.

Derartige Sagen über den Ortswechsel von Gnadenbildern und über die Bestimmung des Aufstellungsortes durch die Muttergottes oder andere Heilige knüpfen sich auch in unserer Gegend fast an jedes Gnadenbild: Das zunächst in der Franziskanerkirche in Düren untergebrachte Haupt der Mutter Anna verschwindet wiederholt von dort zur Martins- (jetzigen Anna-) Kirche, wo man es schließlich beläßt. (Legenden, herausgegeben von van Aaken, van Helden, Holtz und Schauff, S. 3). Das in einem Stachelbeerstrauch neben der Kirche in Rothberg gefundene Muttergottesbild kehrt aus der Kirche immer wieder in den Stachelbeerstrauch zurück, bis man ihm einen Platz auf dem Altar anweist (Hoffmann, Bd. 2, Sagen aus dem Indegebiet, S. 121). Das in einem Baum bei Aldenhoven gefundene Marienbild kehrt aus der Kirche über Nacht wieder an seinen alten Platz zurück, wo man ihm eine Kapelle baut. (Hoffmann, Bd. 2, S. 36). Als das Gnadenbild in Mausbach, das früher in Aldenhoven stand, dorthin zurückgeholt wird, kehrt es dreimal nach Mausbach zurück, bis man es dorf beläßt. (Hoffmann, Bd. 2, S. 113). Die in einem Gesträuch in Schwarzenbroich gefundene Matthiasstatue zu Echtz kehrt aus der dortigen Pfarrkirche über Nacht wieder in das Gesträuch zurück; dort wurde ein Heiligenhäuschen gebaut (Hoffmann, Bd. 2, S. 27f.). Ein Bild der Schmerzhaften Mutter kehrt aus der Pfarrkirche in Kell wieder in den Dornstrauch bei Tönnisstein (bei Brohl) zurück, wo Hirten es gefunden hatten. Dort wird Kapelle und Kloster gebaut. (Schorn, Bd. 2, S. 642). Dasselbe Motiv aus St. Tönis bei Krefeld: Das von Hirten in einem Wachholderstrauch gefundene Bild des heiligen Eremiten Antonius kehrt aus dem Schlafgemach des Hirten wiederholt in den Wachholderbusch zurück und veranlaßt dadurch den Bau einer Kapelle und die Entstehung des Wallfahrtsorts St. Tönis. (Nießen, Sagen und Legenden vom Niederrhein, Bd. 1, S. 107). Der Leichnam des hl. Alderikus kehrt von seinem ersten Bestattungsort immer wieder in die Füssenicher Kirche zurück zum Zeichen, daß er dort beigesetzt werden will. (Legenden, herausgegeben von van Aaken, van Helden, Holtz und Schauff, S. 16). In Viersen wechselt das Baumaterial für einen Kirchenneubau nachts seinen Platz, bis die Kirche an den neuen Platz gebaut wird (Schröteler, Die Herrlichkeit und Stadt Viersen, 1861, S. 268). Ähnliche Sagen auch in Mehring an der Mosel (Zaunert, Bd. 2. S. 181), aus dem Bergischen (Schell, Bergische Sagen, S. 63, S. 398, Zaunert, Bd. 2. S. 260), aus Kyllburg (Zaunert, Bd. 2, S. 181), sogar aus Steinbach in Baden (Bernhard Baader, Neugesammelte Volkssagen aus dem Lande Baden, 1859, S. 61).

Die Heimbacher Sagen über den Ortswechsel des Bildes ist also nur eine von den zahlreichen Sagen dieser Art. Die angeführten Beispiele sind zum Teil auch Gegenbeispiele zu den Gründungssagen von Heimbach und Eberhardsklausen (z. B. Aldenhoven, Echtz, Tönnisstein und vor allem St. Tönis).





D. 4. b) Die feindlichen Brüder







Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, Nr. 19, S. 145-149, 20.9.1934; Nr. 20, S. 153-156, 4.10.1934; Nr. 21, S. 162-165, 18.10.1934; Nr. 22, S. 170-172, 31.10.1934; Nr. 23, S. 181-183, 15.11.1934.


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