Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de



Annalen des Historischen Vereins 139 für den Niederrhein 1941
Die „Krummel“ von Nechtersheim, ein Eifeler Rittergeschlecht
Von Nikolaus Reinartz





Dietrich Krummel von Nechtersheim

tritt in die Geschichte ein als Erbe der väterlichen Güter zu Raeren, mit denen er 1451 vom Aachener Münsterstift belehnt wurde, die er aber bereits 1469 seinem Sohne Johann übertragen ließ. 11) Die ihm gleichfalls zugeteilte Hälfte des Hofes von Ober-Wichterich hatte Dietrich mit seiner Hausfrau Metza, wie schon erwähnt wurde, bereits 1455 verkauft. 12) Mit Bewilligung des Lehnsherrn, des Herzogs von Jülich, kamen nach dem Tode seines Vetters Johann von Nechtersheim, des Sohnes seines Oheims Arnold, 1480 auch die Stammgüter des Hauses zu Nettersheim und Münstereifel nebst dem Hofe zu Ober-Gartzem in seine Hand; 13) er gab sie gleichfalls bald nachher, 1485, seinem Sohne Dietrich dem Älteren. Ein Burghaus zu Blankenheim hat er noch angeblich 1488 mit Metza an Emmerich von Schmidtheim verschenkt. 14) Sein eigner Alterssitz sollte Weyer werden, mit dem er und Reinard von Weyer jeder zur Hälfte nach dem Tode Johanns von Nechtersheim vom Kölner Erzstift belehnt worden waren, 15) dessen andere Hälfte er dann käuflich von Reinard erwarb. 16) Hier hat er sicher von 1484 ab gewohnt. 17) Kurz vor seinem Tode kam es 1499 jedoch noch zu einer Auseinandersetzung mit Arndt von Wachtendonk, der wegen seiner Ehefrau, Sofia von Vischenich, 1497 mit der Hälfte von Weyer belehnt worden war. 18) Dietrich verständigte sich mit Arndt dahin, daß er diesem und Daem von Vischenich die Schlüssel zu einer Kiste mit Urkunden und alles, was sich darin auf die Erbschaft, die Verschreibung und auf das Haus Weyer bezog, auslieferte, ferner eine Schuldverschreibung von 3100 Gulden, beziehungsweise den Schuldbrief des Herzogs von Jülich über 3000 Gulden Arndt einhändigte; dagegen sollte Dietrich mit der andern Hälfte auch belehnt werden.

Aus dem Leben Dietrichs erfahren wir sonst von Amtsgeschäften, mit denen damals meist Geldangelegenheiten Hand in Hand gingen, zunächst im Lande von Dalhem im Herzogtum Limburg. Hier wurde er mit dem Amte des Drosten 1460 belehnt. 19) Im nämlichen Jahre gelobt Johann von Eynenburg, Herr zu Landskron, seinen Ohm Johann, Herrn zu Els, der sich für dessen Schuld bei Dietrich verbürgt hatte, schadlos zu halten. 20) Es mochte dies wohl notwendig erscheinen angesichts des Verfahrens, das Dietrich ein paar Jahre vorher gegen andere Bürgen eingeschlagen hatte. 21) Johann Spies von Büllesheim und sein Bruder Reinhard hatten sich bei ihm für eine Schuld des Erzbischofs von Köln, Dietrich von Mörs, verbürgt. Da dieser nun mit der Zahlung im Verzug blieb, hatte Dietrich die Bürgen gefangengenommen und eingekerkert. Als sie infolgedessen zahlten, übergab Dietrich ihnen am Tag vor Laurentius 1458 sein Forderung an den Erzbischof. – Nicht lange ist Dietrich im Amte des Herzogs von Limburg geblieben. 1464 ist er Heinsberger Lehnsstatthalter und wird 1465 Drost zu Heinsberg genannt; 22) 1470 macht ihn Johann Graf von Nassau-Saarbrücken, der letzte Herr von Heinsberg, gegen ein Darlehen von 4000 Gulden zum Amtmann über Schloß und Amt Heinsberg. 23) Amtmann und Drost zu Geilenkirchen war er schon früher; einen Monat später, im Februar genannten Jahres, erhielt er auch die Zusicherung, daß der Graf ihn in diesem Amte belassen werde, bis er ihm 5000 Gulden zurückerstattet hätte. 24) Am 5. Juli 1472 war jedoch Graf Johann bereits tot, und am 19. Oktober 1472 heiratete seine Erbtochter Elisabeth den Herzog Wilhelm IV. von Jülich-Berg, wodurch Heinsberg an dieses Haus kam. Daraufhin meldete Dietrich unter Hinweis auf die Verpfändung von Heinsberg und Geilenkirchen seine Forderung bei dem neuen Herrn an und ersuchte die Erben um Zahlung. 25) Als Schuldner erscheint nun der alte Herzog Gerhard, der Bürgen für 3000 Gulden stellt, wozu 1473 noch 700 weitere Gulden kommen; 26) Dietrich aber bleibt Jülicher Amtmann zu Geilenkirchen, wo er noch 1480 auf dem Schlosse wohnt. 27) Zeitlebens ist er auch der Schuldherr des Jülicher Herzogs geblieben. 1486 stellt Dietrich dem herzoglichen Rat und Drost zu Jülich, Gottschalk von Harve, der sich mit andern für eine Schuld seines Herrn von 2000 oberländschen Gulden verbürgt hatte, einen Schadlosbrief aus. 28) 1488 gestattet Dietrich Herzog Wilhelm die Wiederlöse von 3000 Gulden, 29) aber der herzogliche Schuldbrief ist noch 1499 in seinen Händen. 30)

Dafür erfreute sich Krummel offensichtlich der Gunst seines hohen Schuldners in einem Erbschaftshandel mit Beatrix, der Gattin seines Vetters Johann. 31) Wie bereits erwähnt, hatte Herzog Wilhelm Dietrich mit den Nettersheimer Stammgütern nach dem Tod Johanns belehnt, die Witwe jedoch Klage auf Herausgabe des ihr von ihrem verstorbenen Gatten vorenthaltenen Besitzes erhoben, ohne beim Herzog Gehör zu finden, der im Gegenteil die außerhalb Kölns gelegenen Besitzungen Paetzens beschlagnahmte. Nach vergeblichem sechsjährigem Prozessieren wandten sich beide Parteien nach Rom, da „hilichs ind testamentzsaichen ind ouch oeverspil (Ehebruch) beroerend geistlichen richtern gebuern zo richten“. Über das Urteil der Kurie berichtet die Klägerin: „Hain sonderlinge bevel ind gebot unss geistlichsten vaders des paes van Roemen ind van sinem gesatzten richter under swaern penen tgain alle hern, fursten, steden ind undersaissen ind allen froemen mannen, mir gainen wederstand zo doin, mer mir armer gelaissen bedruckter weduwe bistand, beschirm, hülfe ind troist, ofs noit geburde, zo doin.“ In der Folge wurden Dietrich und Reinard von Weyer mit andern wegen Ungehorsams gegen den Urteilsspruch in den päpstlichen Bann getan, „ind werdt verboden allen inganck ind sacrament der hilliger kirchen ind gemeinschaft aller krystenmynschen“. Dietrich wandte sich jetzt an den Herzog mit der Bitte, bei der Stadt Köln, wo Paetze ihn „vur den kirchen laissen mailen ind upslain“, sich um Abstellung des Bannes zu bemühen. Wirklich verwandte sich der Herzog in den Jahren 1491–1494 nicht weniger als fünfmal in dieser Angelegenheit beim Kölner Magistrat, jedoch stets erfolglos. Seitdem der Rat der Stadt November 1491 dem Herzog ein Rechtfertigungsschreiben der Witwe mit dem Bemerken übersandt hatte, daß es „oevell getzemen weulde, unsse burgersche dairboeven furder zo besweren“, scheinen die weitern Eingaben des Herzogs unbeantwortet geblieben zu sein.

Dietrich ist um 1500 gestorben. In dem vom Herzog Wilhelm soeben begründeten und vom Adel der Umgegend geförderten Kloster Mariawald ist für die Seelenruhe Junker Theodor Krummels von Nechtersheim, seiner beiden Frauen Mechtildis und Katharina ein Jahrgedächtnis gestiftet worden. 32) Mit seiner Ehefrau Metze v. Bentheim steht Dietrich auch an erster Stelle im Bruderschaftsbuch zu Weyer, 33) mit Katharina von Pateren wird er in einer Weyerer Urkunde von 1522 genannt. 34) Aus erster Ehe hatte Dietrich drei Söhne, 35) Wilhelm, Hansen und Reichard, nebst einer Tochter Margareta, Nonne im Kloster der Weißen Frauen zu Köln, 36) der zweiten Ehe mit Katharina von Pattern 37) entstammten zwei Söhne: Richard der Jüngere und Dietrich. Den fünf Söhnen, welche sämtlich den Namen Krummel von Nechtesheim führten und ihren Nachkommen vererbten, wenden wir uns nunmehr zu. Von ihnen ist an erster Stelle zu nennen





Anmerkungen




11)

Quix, S. 151.

12)

S. oben S. 30.

13)

StA. Düsseldorf, Reichskammergericht K 1081, S. 122.

14)

Archiv Frentz (v. Oidtman).

15)

Fey, S. 258.

16)

StA. Düsseldorf, Köln, Lehen, Nr. 242, 3, S. 9.

17)

StA. Düsseldorf, Jülich-Berg I, Nr. 1111; über ein von Johann v. Nechtersheim und Paetze erworbenes Haus zu Köln s. oben S. 18.

18)

Archiv Gracht, Kr. Euskirchen (nach v. Oidtman). – StA. Düsseldorf, Köln. Lehen, Nr. 242.

19)

J. Th. de Raadt, Chartes du Brabant II, S. 295 (nach Straßer).

20)

Nach Straßer, Bl. 93.

21)

Fahne II, S. 27. – Ähnliches Vorgehen wird von dem obengenannten Vetter Dietrichs, Reinold von Eynatten, erzählt; StA. Düsseldorf, Jülich-Berg I, Nr. 1275. Um sich an dem Bürgen Johanns von Reifferscheid, dem Burggrafen von Odenkirchen, Johann von Hoemen, schadlos zu machen, habe Reinold Krummel von Ruff im Lande von Odenkirchen geroufft und gebrant; vgl. den bemerkenswerten Sühnevertrag bei Fahne, Reifferscheid I, 1, S. 111.

22)

StA. Düsseldorf, Heinsberg-Diest, Urk. Nr. 699. – E. v. Oidtman, Memorienbuch des Klosters Wenau (Zeitschr. d. Aachener Geschichtsvereins 4, 1882, S. 284, Anm. 5 von S. 283).

23)

StA. Düsseldorf, Heinsberg-Diest, Urk. Nr. 745.

24)

Ebd., Urk. Nr. 750.

25)

Ebd., Urk. Nr. 769.

26)

Fahne II, S. 27.

27)

StA. Düsseldorf, Jül. Lehen, Nr. 170, S. 80.

28)

Tille-Krudewig II, 2, S. 93.

29)

Fahne II, S. 27.

30)

Siehe oben, S. 35.

31)

StA. Düsseldorf, Jülich-Berg I, Nr. 516; vgl. Redlich I, S. 82 f.

32)

Chr. Quix, Die Grafen von Hengebach ..., Aachen 1839, S. 42. Nekrolog des Klosters Maria-Wald (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. boruss. Nr. 742 bzw. Nr. 755).

33)

Pfarrarchiv Weyer (Kr. Schleiden).

34)

Tille-Krudewig III, S. 88.

35)

StA. Düsseldorf, Reichskammergericht K 1081, Bl. 23.

36)

Quix, S. 151. Sie erhielt von ihrem Bruder Johann aus den Gütern in Raeren einen jährlichen Zins von 25 rhein. Gulden zu 4 Mark kölnisch.

37)

Auch Katharina von Broich genannt (StA. Düsseldorf, Reichskammergericht K 1081).









Zu Richard (Reinhard) [S. 37] der Ältere
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Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 139, 1941, S. 1–75.


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