Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de



Annalen des Historischen Vereins 139 für den Niederrhein 1941.
Die „Krummel“ von Nechtersheim, ein Eifeler Rittergeschlecht.
Von Nikola Reinartz.





Dietrich Krummel von Nechtersheim zu Nettersheim II. († 1618); sein Sohn Peter Krummel von Nechtersheim zu Nettersheim († 1651) und Enkel Dietrich Krummel von Nechtersheim zu Nettersheim III. († 1678).

Nebenlinie zu Nettersheim.

Dietrich Krummel II., der mit seinem Bruder Richard 1561 gemeinsam mit dem väterlichen Erbe belehnt worden war, hatte auf dem ihm bei der Teilung zugefallenen Mannerichs Gut sich und seinen Nachkommen in Nettersheim einen neuen Rittersitz geschaffen, den dritten, den das Eifeldörfchen erhielt. 61) In erster Ehe war Dietrich mit Agnes von Freilingen verehelicht. 1589 schwer erkrankt, übertrug er die Sorge für seine Kinder seinem Vetter Dahm Krummel von Nechtersheim zu Leydenhausen. Er genas jedoch und erwarb 1595 von seinem Schwager, dem jülichschen Schützenmeister Thomas von Nevelstein zu Gillrath, und dessen Frau, Sofia von Mirbach, für 4000 kölnische Taler die vier Höfe zu Uexheim, Uedelhoven sowie den untern und obern Hof zu Mirbach.

Für die beiden letztgenannten empfing er 1596 die Belehnung vom Herzog von Jülich, während die beiden ersten von Blankenheim lehnrührig waren. 62) In zweiter Ehe mit Maria Weilichs verkauft Dietrich von Nechtersheim, genannt Krummel, mit Maria deren Schwestern Engen, welche mit dem Kellner auf der Wensburg (Kr. Adenau), Leonhard Hauptmann, vermählt war, 1610 Güter zu Münstereifel. 63) Als Dietrich 1618 starb, hinterließ er zwei Töchter, deren eine, Katharina, 1615–24 als Meisterin, die andere, Anna, 1624 als Kellnerin im Kloster Meer bei Neuß genannt wird. 64)

Erbe und Nachfolger wurde sein Sohn aus erster Ehe, Peter. Dessen Alter wird anläßlich der im Jahre 1628 zur Heiligsprechung des seligen Hermann Josef eingeleiteten kanonischen Untersuchung, bei der auch Peter mit anderen geistlichen und weltlichen Herren der Umgebung Steinfelds über die Verehrung des Seligen als Zeuge vernommen wurde, mit vierzig Jahren angegeben. 65) Er müßte demnach um das Jahr 1588 geboren sein. Daß jedoch diese Altersangabe, wie so oft in dergleichen Protokollen, bedeutend abgerundet worden ist, ergibt sich unter anderm aus dem genauen Datum der Eheberedung vom 27. Oktober 1603 mit Sibilla, der Tochter Werners von Kintzweiler zum Haen und Annas von Rothkirchen. 66) Peter brachte in die Ehe „den adligen Sitz“, die Braut eine Mitgift von 2000 Reichstaler. 1622 wurde er auch mit den Höfen von Mirbach belehnt, die er ebenso wie die in Uexheim und Uedelhoven seinem Sohn Dietrich vererbte. Dagegen verkauften Peter und Sibilla 1623 eine Rente an Jakob von Rotenkirchen und Richmond Pilgrim, denen sie den Hof zu Frankenhoven zum Pfand setzen. 67) Peter Krummel von Nechtersheim starb 1651. 68)

Dietrich Krummel von Nechtersheim, der dritte und Letzte dieses Namens, der in Nettersheim seinen Sitz hatte, soll 1668 an 70 Jahre alt gewesen sein. 69) Wir werden auch diese Angabe als etwas aufgerundet annehmen und sein Geburtsjahr um 1605 ansetzen dürfen. Dietrich war zweimal kinderlos verehelicht. An seine erste Gattin, Maria Elisabeth von Bock zu Hebscheid, geboren 1609, erinnert ein im Jahre 1660 in der Kirche zu Nettersheim gestiftetes Jahrgedächtnis. 70) Seine zweite Gemahlin Margaretha, ebenfalls eine v. Bock, die nach Dietrichs Tod einen Freiherrn von Walpott heiratete, 71) lebte noch, getrennt von ihrem zweiten Gatten, im Jahre 1694. Dietrich war der erste, der nach dem Tode seines Vetters Anton Krummel 1646 Ansprüche auf das Erbe der Nettersheimer Hauptlinie erhob. Als diesem kaum der Atem ausgegangen, sei er gradaus über die Brücke ins Schloß geschlichen, um von demselben vor Zeugen Besitz zu ergreifen. Es wurde jedoch der Witwe, Maria von Wolfskehl, die Leibzucht der Güter zuerkannt, solange sich niemand besser qualifizieren würde; sie blieb im Besitz der Burg oder des Hauses Nettersheim mit Vorhof und dem Wassergraben ringsum bis zu ihrem Tode am 13. April 1677. Nach ihren Angaben 72) umfaßte das Burggut 45 Morgen gutes Land, 39 mittel, 33 driesch, 18 Morgen Benden; dazu kam noch der allodiale Brewerhof mit 38 Morgen guten Landes, 22 mittel, 16 driesch, 17 Morgen Benden, 15 Morgen schlechter Wiesen. Dietrich erhielt nur das Mannlehn des Burghauses zu Münstereifel, 73) anscheinend 1651 nach dem Tode seines Vaters. 1670 sah er sich genötigt, an die Regierung in Düsseldorf zu berichten, daß er sich wegen Schulden nicht mehr halten könne, und bat um die Erlaubnis, die Höfe in Mirbach zu verkaufen. 73a) Mehr Erfolg hatte er 1673 durch den Erwerb des Hauses Haen bei Kerpen von dem Verwandten seiner Mutter Jakob von Kintzweiler. 74) Gleichwohl kam es im folgenden Jahre zu dem beabsichtigten Verkauf an seinen Neffen Johann Dietrich, den Sohn seiner bereits 1643 verstorbenen Schwester Gudula aus deren Ehe mit Johann von Gülcher zu Eyll. 75) Der Streit um Nettersheim aber ging erst recht an, als auch Dietrich im Jahre 1678 bald nach dem Tode der Witwe Antons aus dem Leben schied.





Anmerkungen




61)

Wo dieser wohl nicht allzu stattliche Burghof in Nettersheim gelegen hat, ist nicht bekannt. An den Namen klingt an der Mannenberg mit den im Urfttal überlieferten Ortsbezeichnungen „unterer und oberer Hof“. Wackenroder, S. 274, möchte ihn an Stelle des Gehöftes „An Burgmüllers“ suchen. Über diesen Platz heißt es aber (StA. Düsseldorf, Steinfeld, Akten Nr. 12): „Unter der Quart in dem Tale stehen die rudera des sogenannten ,Alten Haus' vulgo ,Kirsbaumsburg' in einem viereckigen Bezirk oben dem Benden. Grad über dem Fluß hat gestanden die Kirsbaummüll under den Kirsbaumbenden, oben am Reeg noch zu sehen der Mühlendich; unter dem alten Haus liegen noch zwei Morgen, die ,klein Rosen' genannt, schießen auf den Gemeindeweg.“ Insgesamt umfaßte der Kirschbaumhof, auch Pützfelder Hof genannt, 37 Morgen Acker und 7 Morgen Benden. Unweit lag im „Saupesch“ der Mirbacher Hof mit 61 Morgen Land, 14 Morgen Benden und 12 Morgen Wildland. Beide Höfe waren aber zur Zeit des Abtes Lückerath 1671–1680 Pützfeldischer Besitz und wurden von Werner Theodor von Fremersdorf dem Kloster Steinfeld verkauft. Ausgeschlossen ist keineswegs, daß sie bereits früher einmal zu Steinfeld gehört haben, das, seit alter Zeit in Nettersheim begütert, insbesondere 1503 außer einer Mühle zwischen Nettersheim und Auel auch eine im Dorfe besaß und daselbst einen Henkin Myrbach ein Gut verlehnt hatte. Dafür, daß die beiden Höfe in Krummelschem Besitz (oder auch der von der Heyden) gewesen seien, fehlt jeder Anhaltspunkt. Auch über etwaige Beziehungen der sogenannten „Alten Burg“ auf dem Schellgesberge zu einer der beiden Familien läßt sich vorerst nichts sagen; vgl. auch Wackenroder, S. 270. – Ergänzt wird das Bild der feudalen Gewalten der Gegend noch durch den oberhalb von Nettersheim im Genftale gelegenen Rittersitz Ahe, von dem heute nur mehr die einsame Feldkapelle zum hl. Servatius steht (über diese vgl. Wackenroder, S. 470 f. mit S. 466, der von einer Burg nichts weiß). Ein Pawin de Ay besaß ein Steinfelder Lehngut in Nettersheim; derselbe Payn de Ae, Ministeriale, ist 1198 Zeuge bei einem erzbischöflichen Schiedsspruch zwischen Steinfeld und Schleiden; vgl. R. Knipping, Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter II (Publ. d. Ges. f. Rhein. Geschichtsk. 21), Bonn 1901, S. 318, Nr. 1557.

62)

E. Frhr. v. Mirbach, Geschichte des Geschlechtes v. Mirbach I, S. 277, 278.

63)

Stadtarchiv Münstereifel, Erbungsbuch 1610.

64)

H. Keussen, Das adelige Frauenkloster Meer, Krefeld 1866, S. 40, 43.

65)

Pfarrarchiv Steinfeld.

66)

Redinghovensche Sammlung, Bd. 65, S. 241. Zeugen sind außer dem Vater des Bräutigams auf dessen Seite: Goddart von Friemersdorf, genannt Pützfeld, sein Sohn Franz Heinrich, Anton von Nechtersheim, genannt Krummel, Dietrich von Nechtersheim genannt Krummel zu Weyer, Herr zu Firmenich.

67)

Archiv Rittersitz Lissingen (nach Straßer).

68)

v. Mirbach, a. a. O.

69)

StA. Düsseldorf, Jül. Lehen, Nr. 170, 24.

70)

Pfarrarchiv Nettersheim, Altes Kirchenbuch, S. 14.

71)

Archiv Kreuzau (nach Straßer).

72)

StA. Düsseldorf, Steinfeld, Akten Nr. 12.

73)

Katzfey II, S. 261.

73a)

StA. Düsseldorf, Jülicher Mannkammerlehen Nr. 268 (nach v. Oidtman).

74)

P. Clemen, Die Kunstdenkmäler des Kr. Bergheim (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz IV, 3), Düsseldorf 1899, S. 108.

75)

v. Mirbach, a. a. O.





Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 139, 1941, S. 1–75.



Zu Erbfolge nach Aussterben der Nechtersheim S. 46
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