Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Weistümer unserer Heimat
1. Folge

Amt Hardt, Kuchenheim, Stotzheim
Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder).
Hofweistum Weingarten,
Herrschaft Zievel (Lessenich, Rissdorf)


Nach archivalischen Quellen herausgegeben
und ortsgeschichtlich erläutert

von Nikola Reinartz, Pfarrer




Weistum zu Arloff





Das Weisturn befindet sich im Düsseldorfer Staatsarchiv, Amt Hardt Jurisdiktionssachen, Nr. 10, in zwei Abschriften, deren erste wir im folgenden wiedergeben. Die zweite Abschrift daselbst stimmt mit dem allerdings durch arge Fehler entstellten Abdruck bei Katzfey, Geschichte Münstereifels, II, S. 19 überein. Wir bezeichnen sie mit C. Daneben bietet auch Lacomblet, Archiv VI, S. 295, noch einen Abdruck nach einer Vorlage v. J. 1598, deren Abweichungen wir mit B anmerken.

Wir Scholtis, Scheffen und gemeine Nachbaren zu Arloeff, Kerspenich, Wingarten und Redren rügen 19) und weisen an unsers gnädigsten Landfürsten und Herrn Erzbischofen zu Collen und Kurfürsten Hoherbank zu Arloeff zu allen Hohenherren-Gerichten.

In der ersten Achten

wysen wir zu unserem gnädigsten Herrn Straßen und Gemeinden. Ob jemand die verengt oder verdränget, es wäre mit Ueberfahren, Ueberehren, Ueberzäunen, Ueberbauen, Ueberpelen, Uebersticken, spricht der Schöffe, sei Unrecht und unserm gnädigsten Herrn zu strafen und zu richten 20).

In der zweiten Achten

rügt der Schöffen alle Maß, sie seien naß oder trocken; wer sich deren gebraucht zu Arloeff, Kerspenich, Wingarten und Redren, soll sie für unsres gn. H. Hochgericht zu Arloeff bringen und besichtigen lassen. Sind sie recht, man soll sie recht lassen, sind sie unrecht, man soll sie recht machen, auf daß jedermann Recht geschehe.

Und rügen ferner alle diejenigen, die unempfänglich Erbe und Gut haben, die sollen die empfangen. Dergleichen ob jemand zu hulden hat, soll sich erbieten und hulden, und sollen dann so der empfangen und gehuldet hat, mit in die dritte Acht gehen.

In der dritten Achten

rüget der Schöffe und weist unserm gn. Kurfürsten und Herrn fünf freie Schäfereien 21). Der ist Junker Claes Mirbachs Hof 22) zu Arloeff eine und der Klosterherren zu Münstereifel Hof zu Wingarten die zweite, und Spießen zu Vey (C: nunmehr Karl Feinherz) Hof zu Arendorf die dritte 23), und Johan von Ahr, Vogt zu Antweiler und Palant zu Wachendorf haben einen Hof zu Arloeff, genannt Krüppels Hof, die vierte 24), und der Blankartz Hof zu Redren die fünfte, mögen auf vorgenannten Höfen soviel Schaf halten als sie wollen und können. Und darum daß sie alsolche Schäfereien haben, soll unser gn. Herr oder ihrer Gn. Amtmann zu Hardt aus denselben Schäfereien die Maihämmel 25) jährlichs davon heben und kiesen, nämlich auf jeglichem Hofe einen Maihammel und nicht unter den gemeinen Schafen. Und weiter jeder gemeine Nachbar soll nicht mehr halten denn fünfzig Schafe und einen Widder; und wenn jemand der mehr hielt, soll er tun mit Erlaubnis der Nachbarn auf Strafe unsers gn. Kurf. und H.

Und daneben soll ein Nachbar über den andern wässern mit dem mindesten Schaden 26); wäre jemand, der das unbillig macht, soll man die Nachbarn ansprechen das zu richten, und wollt der des nicht folgen, sollen sie den Herrn anrufen, der den alsdann darum zu strafen hätte.

In der vierten Achten

rügt der Schöffe und weiset unsern gn. K. und H. für einen rechten Landherrn und für einen Gewaltherrn oder ihrer Gn. Amtmann, der das Haus zur Hardt mit Willen seiner K. Gn. in hat, aus dem Himmel in die Erde und von der Erde in den Himmel, (weiset) denselben alle Gebot und Verbot, und das zeitlich 27); geschähe ein unzeitlich Gebot, soll unser gn. K. und H. ihnen abstellen.

Weiter weisen sie ihrer K. Gn. Wassergang, Glockenklang, Straßen und Gemeinde und das Gefolgnis bis auf den breiten Weg unter die Eiche 28); ob unser gn. K. und H. oder der Amtmann mit ihnen zu sprechen hat, soll man sie dar bescheiden (und) das Anliegen der Landschaft vorgeben. Darauf sollen sie sich bedenken und Antwort geben. Derselben Straßen und Gemeinde, der soll ein jeder gebrauchen, Witwen und Waisen, die geboren sind und noch geboren sollen werden. Dieweil sie des gebrauchen, sollen sie zeitlichen Dienst 29) tun zum Hause zur Hardt, und würde ihnen unzeitlicher Dienst anbracht, soll unser gn. K. und H. ihnen abstellen. Und um das sie solchen zeitlichen Dienst tun, soll jeder Nachbar in dem Kirchspiel zapfen, backen, brauen und feilen Kauf treiben, sich ernähren mit Gott und Ehren, ohne Wiederwort unseres gn. K. und H. oder des oben gemelten Amtmanns.

In der fünften Achten

ruegt der Schöffe und weiset den Klosterherren von Münstereitel einen freien Hof zu Wingarten und sollen daraus geben unserm gn K. und H. sieben Schöffen und einen geschworenen Boten und einen Eidsteber 30), wann unser gn. K. und H. oder ihrer Gn. Amtmann Gericht halten sollen, daß sie es vollmächtig haben, daß ihre K. Gn, oder der Amtmann jedermann Recht möge widerfahren lassen. – Weiter wann man des Godestag 31) Gericht halten soll, soll der Bote (die Glocke zu Kerspenich und Arloeff den Dienstag zu Abend zeitlich dreimal läuten und den Godestag dergleichen, wann man Gericht halten soll. Ob sonst außer gewöhnlichen gerichtlichen Tagen durch den Amtmann oder Schultheißen gekürzt oder verlängert 32) möchte werden, alsdann soll der Bote) des Dienstags die Schöffen mit der Sonne 33) bescheiden, und wenn das nicht also geschähe, und die Schöffen den richtlichen Tag nicht wissen, sollen sie auch nicht bruchtig sein. – Auch auf demselben freien Hof zu Wingarten soll stehen ein Stock, der soll sein nagelfest und schloßgar gehalten werden, ob jemand angegriffen würde auf Kölnischer Erde zwischen Redern Pütz und Efkemes 34) Linden, den soll man in den Stock liefern, so lang unser gn. K. und H. besieht, erfährt (B und C: wie man sich mit der Person halten soll).

Ob sich dann erfand die Person also mißtan und verbruecht, daß man die (hin)richten soll, dann sollen die Klosterherren von Münstereifel darzu stellen Galgen, Rad, Axt, Kessel, Kaul, Post oder was dazu gehört 35). Und wann unsers gn. K. und H. Amtmann bereit wäre (hin)richten zu lassen und die vorbenannte Gereitschaft nicht da wäre, so dick (oft) und manchmal so man die Person aus- und einschließt (nach Be)Urkund(ung) der Schöffen, so dick und manchmal soll man die Klosterherren büßen und sie sollen das bessern, als der Schöffe spricht, daß recht sei. – Und wann unser K. und H. oder der Amtmann (be)reidt wären zu richten, so soll unser gn. K. und J oder der Amtmann so stark im Feld sein, daß der Tod des Missetätigen nicht verhindert werde, daß ihm Recht geschehe nach seiner Mißtat, (so) er begangen hat. Den Missetätigen soll man (hin)richten auf der Heide, auf jenseits Stotzheim bei Ruexheim 36)

Ferner rüget der Schöffe, ob Sache wäre, daß unser gn. K. und H. Feindschaft hätte – da Gott vor sei –, und zu Felde läge und die von Arloeff, Kerspenich, Wingarten, Redern ausverböte und mit dem Glockenschlage unserm gn. K, und H., ihrer Gn. Amtmann unverzüglich folgen sollen (B: Feindschaft hätte und wäre aus, um das Vaterland zu beschützen und zu beschirmen, und schickte zurück in das Amt zur Hardt um Leute und Heerwagen), und was diesen genannten Dörfern von Heerwagen 37) gebuert, deren wären viel oder wenig, die sollen die Klosterherren von Münstereifel bestellen und gelden auf ihre Angst und Kost(en); da sollen die gemeinen Nachbarn nicht mit beschwert sein. Das haben sie also bisher getan und gehalten; wann solches nicht geschehe, hat unser gn. K. und H. sie daran zu halten.

Ferner ruegt der Schöffe im Jahre drei hoher Herrn ungebotene dingliche Tage; davon haben die Schöffen drei Mark und ein Urkund 38); der Mark geben die von Arloeff und Kirspenich tzwen Pfennigk und die von Wingarten und Redern den dritten Pfennigk.

Ferner ruegt der Schöffe: alle Lehengüter und andere Güter, so kölsch sein, sollen zu Arloeff an der hohen Kölnischen Bank mit Recht gewonnen und geworben werden mit Gelden und Verkaufen, Erben und Enterben; und sind dies die Lehnherren der Lehengüter: Der Herren Güter von Deutz, die Herren von Sankt Gereon binnen Cöln, genannt die Eresheimer Güter, (B und C: und Hof), der Herren Güter von Heistart, Otten von Metternich zugehören (d) 39), und die Euenheimer Güter den Herrn von Siberg zugehörich.

Hierauf rügen und beklagen sich die Nachbarn zu Arloeff, sie haben einen gemeinen Broech am Amt Münstereifel bei Kalker anstößig und gelegen, darin sie durch die von Kalker mit ihrem Weitgang und Vieh übertrieben werden, also daß sie zu etlichenmalen gepfändet und die zu Kalker die Pfände bei denen von Arloeff vertätigen (einlösen) müssen. Aber des unangesehen wird der Broech nichtsdaweniger durch die von Kalcker betrieben, und der Irrtum sich also unerörtert erhält. Und soll oben dem Petersacker ein Stein stehen an dem Melpütz bei dem Eichenbaum und der andere soll stehen in der Antweiler Broechgasse 40).





Anmerkungen












19)
20)

rügen = richten, Recht sprechen.
Vgl. Weistum Kuchenheim, letzte Acht, Weistum Stotzheim, erste Acht. Auf Grenzfrevel durch absichtliches Ausackern der Grenzsteine legen die alten Weistümer oft grausame Strafen: ,Man spricht, es sei ein Recht. daß man denselben (den Täter) soll graben in das Loch, da in der Mallstein gestanden hat bis an den Gürtel in die Erden, und soll dann mit einem Pfluge und vier Pferden über ihn fahren, das sei sein Recht': ,... und soll ihm mit einem Pflug durch sein Herze fahren'; ,... und soll man ihm als lang nach dem Hals ackern, bis man ihm den Hals abgeackert hat. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, S. 547.


21)

Aus der dritten Acht kann man entnehmen, welche Ausmaße und Bedeutung in alten Zeiten im Gerichte Arloff die bis heute, wenn auch ganz vereinzelt betriebene Schafzucht gehabt hat. Während jeder Nachbar bis zu fünfzig Schate und einen Widder, unter Umständen auch mehr auf den Gemeindeweiden halten durfte, gab es für die genannten fünf adligen Höfe keine Einschränkung. Mit der Schafhaltung in Verbindung stand die Blüte der Woll- und Tuchweberei in Münstereifel, später auch in Euskirchen. – In diesem Zusammenhang ist es gerade zeitgemäß, daran zu erinnern, daß am 7. Mai 1339 also genau vor 600 Jahren, Graf Wilhelm von Jülich den Wollenwebern zu Münstereifel die Genehmigung erteilte, Gewand zu weben, zu wirken, auszuschneiden und mit ihrem Zeichen zu versehen, wie es die Weber zu Köln tun. Nach einer weitern Urkunde im Stadtarchiv erhielt das Wüllenamt 1411 das Recht, sich zur Bruderschaft zu organisieren und wurde in der Folge die mächtigste Zunft der Stadt.


22)

Klaes voll Mirbach war Burgherr zu Arloff; er soll ein patriarchalisches Alter erreicht und 24 Kinder gezeugt haben. Eiflia illustrata II, 2, S. 89. Klaes v. Mirbach besaß 1500 auch einen Hof zu „Rheder unter Weingarten'; es ist der im Weistum genannte Blankartz Hof, der durch die Heirat seiner Tochter Katharina mit Konrad Blankart von Ahrweiler 1555 an dieses Haus kam. Heute noch heißt es daselbst die Schäferei. Vgl, meine Schrift über Rheder.


23)

Heinrich Spies von Büllesheim wurde 1540 mit der Vogtei zu Satzvey belehnt. Lacomblet, Archiv V, S. 416. Ueber Karl Feinharz siehe Vorbemkg. – Arendorf Wüstung b. Kirspenich, heute Flurname ,Ohndorf'.


24)

Johann von Ahr wurde mit der Vogtei des Stiftes Dietkirchen zu Bonn in Antweiler um 1450 belehnt, welche dann ein Jahrhundert lang bei seinem Hause verblieb. Lacomblet, Archiv V, S. 420. – An die Ritter von Paland kam die Burg Wachendorf zwischen 1512 und 1514. Kunstdenkmäler des Kreises Euskirchen, S. 180. – Ein Schöffe Johann Krüppel, wird 1525 zu Antweiler genannt bei Kindlinger, Bd. 61, S. 81, ein Ludwig Krüppel als Burghalfe zu Kirspenich im dortigen Bruderschaftsbuch, Es fällt auf, daß die Burg zu Kirspenich, welches jülichsches Lehen war, nicht unter den priveligierten Gütern erwähnt wird. Die Benennung des Burghalfen Krüppel zu Kirspenich legt aber die Vermutung nahe, daß unter dem Krüppelshof zu Arloff der zur Kirspenicher Burg gehörende Hof verstanden wird und demzufolge die Burg selber, deren Geschichte noch wenig aufgeklärt ist, damals im Besitz der genannten Adligen war. Zur Geschichte derselben sei noch angemerkt, daß bei der Erbteilung der Geschwister von Pützfeld 1791 die Burg von Maria Franziska v. P. für 3441 Reichstaler angekauft wurde; ein Morgen Land ,im Flömling' kam für 164 rth an Stefan Schuhmacher. Der ebenfalls im Besitz der Familie gewesene Arendorfer Hof für 2500 rth an Winand Savelsberg in Arloff.


25)

Die Weideabgabe besteht hier nicht wie in der St. Martinsgemeinde Stotzheim in Gänsen, sondern in Maihämmel. Unter einem solchen wird im Knechtstedener Weistum ein (im Frühjahr gefallenes) ausgeweidtes Hammelschaf um das Fest des h. Martini zu geben verstanden. Aubin. Weistümer II, 1, S. 142. Im Weistum von Worringen ebenda heißt es: ,Der Hammel soll mit den Lämmern in die Weide gehn, damit er fett genug sei'.


26)
27)
28)

Seine Wiese über ein Nachbarstück bewässern.
Vgl. Kuchenheimer Weistum, Anm. 15.
Diese historische Eiche ist noch vor der Hardtburg an der Wegkreuzung Weingarten, Stotzheim, Niederkastenholz, Kirchheim zu sehen; ein Prachtexemplar ihrer Art, heute noch in voller Kraft sich entfaltend.


29)

Hand- und Spanndienste, Proviantfuhren, Wachtdienste usw. Abgaben und Steuern werden keine genannt.


30)

Eidstaber, alter Name für Richter oder Schultheiß. Der Eid wurde gestabt d. h. vom Richter, der den Stab, das Zeichen seines Amtes, zur Hand nahm, dem Schwörenden abgenommen.


31)
32)

Gewöhnlicher Gerichtstag war hier der Wodanstag, Mittwoch.
(... ) fehlt bei B. u. C. Der Text scheint verderbt; gekürzt oder verlängt' kann ich nicht deuten.


33)

Sonnenzeit beherrschte das deutsche Gerichtswesen. Vor Sonnenaufgang wurde kein Gericht eröffnet, vor Sonnenuntergang jedes geschlossen. ,Mit der Sonne' mußten auch die Parteien vorgeboten werden; ,so aber die sunne ze rest kumt' hat das Gebot keine Kraft. Grimm, Rechtsaltertümer, S. 816.


34)
35)

Effekum, Effkohm war ein Hof zu Arloff. Scheins Urkunden, S. 161. Anm. 2
Erinnert an das barbarische Strafrecht, mit dem man der Wildheit alter Zeit begegnete, das jedoch zum Teil bereits lange außer Uebung gekommen war und zur Abschreckung noch im Weistum verlesen wurde. – Rad: Schwerverbrechern wurden die Glieder mit einem Rade zerbrochen, entweder von dem Haupte zu den Füßen hinab oder von den Füßen zum Haupte hinauf zermalmt. Diese Art der Hinrichtung wurde ursprünglich durch Ueberfahren mit Wagen vollzogen, wie Gregor von Tours in seiner Geschichte der Franken von den Thüringern erzählt, die die fränkischen Geiseln auf die Weggeleise gelegt, mit Pfählen an der Erde befestigt dann beladene Lastwagen über sie hingehen ließen, daß sie mit zerbrochenen Gliedern den Vögeln und dem Wild zum Fraße liegen blieben. Die Strafe des Räderns galt schwerer und schimpflicher als Enthaupten und Hängen und wurde meist nur an Männern vollstreckt. Kaul: Frauen wurden in entsprechenden Fällen lebendig begraben; ,drivende meghede' (Kupplerinnen), die andere Frauen verschändet, soll man lebendig begraben'. Post: entweder zum Anbinden oder zur Verschärfung anderer Strafen: die so Kinder gehabt und gefährlich umbracht, soll man lebendig in ein Grab, ein dorner Heck auf ihren Leib legen, sie mit Erden beschütten und ihr einen eichen Pfahl durch ihr Herz schlagen'. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, S. 688, 691, 694. KesseI: Herzog Walram v. Limburg, dessen Gebiet wenigstens einen Teil des heutigen Euskirchens umfaßte, ließ 1198 einige Söldner, die eine Nonne schändlich mißhandelt hatten, in einem Kessel siedenden Wassers töten. Fahne, Salm-Reifferscheid I, 83.

Wie die Justiz vor 200 Jahren hierorts geübt wurde, in einer Zeit, wo durch jahrzehntelange Kriege das Räuber- und Bandenwesen zu einer wahren Landplage geworden war, geht aus einer Verordnung des Pfalzgrafen Karl Theodor von Jülich-Berg v. J. 1744 hervor, welche Katzfey a. a. O. S. 60 aufgezeichnet hat. Einleitend heißt es: Die untrügliche Erfahrung bezeugt zur Genüge, daß die bisher in Uebung gewesene Leibes- und Todesstrafen in Ansehung der unerhörten Frequenz (der Verbrechen) und neuerlicher Grausamkeit nicht hinreichten und fast ohne Wirkung seien. Daher habe er zur Sicherung von Haus und Hof der Untertanen vor gewaltsamen Einbrüchen und grausamsten Knebelungen derselben, wie auch zur Sicherung heiliger, gottgeweihter Orte und Sachen in Anbetracht der dem Allerhöchsten so teuern Gerechtigkeit als eine unumgängliche Notdurft ermessen, eine geschärfte Poenal-Ordnung herauszugeben. Nachdem bereits früher statuiert worden, daß liederliches Lumpengesindel und verdächtige Landläufer mit Zusetzung einer gemessenen Quantität von 25–50 gedichter Prügeln unter Warnung außer Lands geschafft werden sollten, wurde nunmehr angeordnet: Einbrecher sollen ohne Weiteres gehängt werden; hatten sie Leute geknebelt und getötet, wurden sie gerädert mit oder ohne Gnadenstreich; hatten sie jemand mit siedendem Oel oder mit Feuer gemartert, sollte ihnen die rechte Hand mit einem verpichten Handschuh wenigstens 12 Minuten lang in Brand gelassen und vor der Hinrichtung mit dem Beil abgehauen werden. Diejenigen, welche Kirchen beraubt und geschändet hatten, wurden nach völliger bezw. halber Erdrosselung oder ganz lebendig verbrannt. Wer Gott und den Heiligen abgeschworen und sich dem Teufel zugeschworen hatte, um alle Missetaten auszuüben, dem war vor der Hinrichtung die Zunge mit glühender Zange auszureißen.


36)

So ist es geschehen am 11. August 1768 gemäß einer Eintragung des Pastors Johann Tillmann Wieler von Kreuz-Weingarten im dortigen Totenbuche: ,O Schmerz! Mein Pfarrkind, die noch ledigen Standes G. O. ist wegen Ermordung ihres unehelichen Kindes durch die weltliche Gerechtigkeit unter meinem geistlichen Beistand am Ortholz enthauptet (capite plexa) worden. Meine Begleiter waren zwei Missionare aus Münstereifel, die PP. Sturm und Dorweiler'. Ueber den traurigen Fall hat Josef Pesch in seinem Wanderbüchlein, die Vordereifel, eine Ballade gebracht, angeblich nach einer alten Sage im Kreise Euskirchen gedichtet von Böning, Pastor in Weingarten. Einen Pastor dieses Namens hat es in Weingarten nicht gegeben, auch stimmen Name und Wohnort des unglücklichen Mädchens nicht. Die Prozeßakten befanden sich früher im Besitz des Lehrers Caspers in Arloff.


37)

Diese Verpflichtung des Stiftes Münstereifel, im Kriege Heerwagen zum Transport von Mannschaften, Proviant und Kriegsgerät zu stellen, welche wohl als Gegenleistung für die Immunität (Abgaben- und Dienstfreiheit) ihres Hofes in Weingarten beansprucht wurde, scheint von demselben angefochten worden zu sein. Es ließ 1475 vor Amtmann Clais v. Mirbach zu Münstereifel zwei Männer bezeugen, daß, als zur Zeit der Soester Fehde, 1444–49, Erzbischof Dietrich Heerwagen angefordert hätte, in Beiwesen Bernhards v. Bourscheid, des Amtmanns zur Hardt, Goebel Schelle und Hermann Strunk und andere von Gemeinde wegen sie gedungen hätten, für Knechte mit einem Heerwagen zu gehen, und als sie fahren sollten, gelobt hätten, ihnen Geld zu geben von Gemeinde wegen und hätten ihnen einen Schild (Goldmünze) mitgegeben zur Zehrung. ,Und sind gefahren vor die Lippe und ungefähr sechs Wochen ausgewesen, und als sie heim kommen sind, haben die Nachbarn mit ihnen gerechnet und ihnen ihren Lohn gütlich gegeben und wohl bezahlt und wissen von niemand anders'. St.-A. Düsseldorf, Stift Münstereifel, Urk. neue Nr. 98.


38)

Eine Beurkundungsgebühr, wie sie die Schöffen auch sonst bei jeder Beglaubigung erhielten. Die Verteilung entsprechend der Zahl der Wohnstätten. Dieselbe betrug 1670 in Kirspenich-Arloff 74, in Weingarten-Rheder 38. Fabricius, Erläuterungen zum Historischen Atlas der Rheinprovinz, 11, S. 63.


39)

Es scheinen dies unbedeutende Zinsgüter gewesen zu sein; das zur Heistartburg bei Holzheim gehörende Lehngut zahlte der Herrschaft jährlich 2 Kapaunen und 15 Pfennig. Katzfey, a. a. O. II, S. 92.


40)

Der bei Broicherhof liegende Petersacker gehört heute noch der Gemeinde Arloff; vgl. Max v. Mallinkrodt, Broich u. Heudthausen, S. 22. Dagegen liegt der Melpütz (oder Mollpützchen, so genannt von dem feinen Sandmüll) heute mitten im Kalkarer Broich. Auf diesen stößt auch die Antweiler Broichgasse, so daß hier eine Veränderung der Gemeindegrenze gegenüber der obigen Darstellung erfolgte.











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Sonderheft Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co., K.G., Euskirchen 1940.





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