Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Weistümer unserer Heimat
1. Folge

Amt Hardt, Kuchenheim, Stotzheim
Arloff (Kirspenich, Weingarten, Rheder).
Hofweistum Weingarten,
Herrschaft Zievel (Lessenich, Rissdorf)


Nach archivalischen Quellen herausgegeben
und ortsgeschichtlich erläutert

von Nikola Reinartz, Pfarrer




II. Kuchenheim





Vorbemerkung :

Kuchenheim, einer der vielen „Heim" - Orte in unserer Umgebung, ist als solcher gewiß unzweifelhaft eine fränkische Gründung etwa um 500 nach Christus, wenn auch das Bestimmungswort „Kuchen" ungeklärt bleibt 1). Urkundlich läßt der Name sich zuerst 1166 in der Form Cuchenheim (Cuchinheim) nachweisen, da ein Ingebrand v. C. der Abtei Siegburg Land zu Kessenich verkauft 2). Etwa 100 Jahre früher, 1074 soll allerdings schon Kuchenheim durch Schenkung des Grafen Lutard von Kleve an das Erzstift Köln gekommen sein 3). Wenn auch ein urkundlicher Beleg für diese Angabe nicht beigebracht wird, scheint sie jedoch glaubhaft, zumal sie die spätere Vorherrschaft Kurkölns vor Jülich bestens erklärt. Wohl erscheint auch die Grundherrschaft, die die Jülichschen Herzöge in einem Teile Kuchenheims ausübten, schon früh in dem Patronatsrechte über die Pfarrkirche, das die Vorgänger der Jülichschen, die Herren von Monschau-Falkenberg aus dem Hause Limburg, daselbst vor 1258 im Zusammenhang mit ihrem Euskirchener Besitz inne hatten und dann an das von ihnen gegründete Kloster Reichenstein abtraten 4).

Im folgenden Jahre stellt der erzbischöfliche Mundschenk, Hermann v. Ahr, die von ihm auf seinem Allod, also eigenfreiem Boden, zu Kuchenheim erbaute Burg Erzbischof Konrad v. Hochstaden zur Verfügung und unter dessen Schutz 5), vielleicht der Ausgangs-, jedenfalls ein Stützpunkt des Erzstiftes zur Gewinnung der Landeshoheit über Kuchenheim in dem Kampfe, den Eb. Heinrich v. Virneburg 1311 bei Euskirchen siegreich gegen Reinald v. Monschau führte 6). Daß es sich bei dieser Fehde um Kuchenheim handelte, dürfen wir aus dem Umstande schließen, daß, als in der Folge Heinrich und Reinald ein Schutz- und Trutzbündnis auf zwölf Jahre eingehen, zur Begleichung ihrer Differenzen ein Schiedsgericht in Kuchenheim zusammentritt 7), und beide Herrscher 1314 persönlich auf der dortigen Burg zusammenkommen 8). Welchen Wert der Kölner Erzbischof auf das Gebiet von Kuchenheim legte, geht aus dem Umstande hervor, daß 1330 sein eigener Bruder Eberhard, Deutschordenskomtur von Ramersdorf, als Richter und Amtmann des Gerichtes Kuchenheim erscheint 9). Wenn wir aber sehen, daß Kuchenheim, welches auch in dem ältesten Weistum des Amtes Hardt besonders hervorgehoben wird, zu einer Zeit, wo die Hardtburg bereits lange im Besitze des Erzstiftes war, von einer so bedeutenden Persönlichkeit verwaltet wird, so folgt daraus, daß die Kuchenheimer Burg vor der Hardtburg Amtssitz gewesen ist, oder Kuchenheim später erst zum Amte Hardt kam, wie denn auch in dem Weistum von 1354 noch nicht von einer Zugehörigkeit die Rede ist. Diese geschichtliche Entwicklung muß man vor Augen haben, um zu verstehen, wie eingehend das Kuchenheimer Weistum sich mit den aus dem Gegensatz der Jülicher, der Besitznachfolger der Falkenburger, zu Köln entstandenen Rechtsverhältnisse und originellen Rechtssitten befaßt.





1)

Ueber die Namenserklärung siehe Krudewig, Geschichte der Bürgermeisterei Kuchenheim, S. 46. – Mürkens. Orts- und Bachnamen des Kreises Euskirchen S. 26. – Aubin, Entstehung der Landeshoheit, S. 72, Anm. Nr. 238. Der im Kölnischen Wildbann genannte Ort Cagun bei Zülpich kann nicht Kuchenheim sein, sondern ist sicher Geich; auch der bei Zülpich gefundene Matronenstein der Cuchinehae bezieht sich m. E. nicht auf Kuchenheim, sondern auf das alte Cagun.

2)

Knipping, Regesten der Kölner Erzbischöfe II, Nr. 849, 850.

3)

Topografische Beschreibung des Krs. Rheinbach, Koblenz, 1816, S. 3.

4)

Lacomblet, Niederrheinisches Urkundenbuch, II, Nr. 456. Daß dies entgegen der herrschenden Meinung die spätere jülische an der Nordseite des Dorfes auf dem heutigen Friedhof gelegene St. Lambertskirche war, kann nach den Ausführungen von Fabricius in den Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. V, S. 224 nicht mehr bezweifelt werden. Gegen Krudewig, a. a. O. S. 51, 61; Becker, Dekanat Münstereifel, S. 42; Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik, II 1, S. 234, Anm. 1, auch die meist übersehene Angabe im Nachtrag zur Eiflia Jllustrata, III 4, S. 371, derzufolge Walram, Herr zu Falkenburg, 1248 die Kirche ad St. Lambertum in Kuchenheim stiftete, und das Kloster Reichenstein neben derselben eine Schwesternniederlassung begründete. Beide wurden bei der Belagerung der Tomburg 1470 niedergebrannt. Friedrich von Sombreff, durch seine Raubzüge in die Umgebung gefürchtet, hauste damals auf der Tomburg. Als er auch die Ehre der Herzogin von Jülich durch die Behauptung, daß er bei ihr in höherer Gunst stehe wie ihr Gemahl, Herzog Gerard antastete, zogen die Söhne derselben, Wilhelm und Adolf, vor die Tomburg, um die Beleidigung der Mutter zu rächen. Sie nahmen die Feste nach harter Belagerung, bei der Prinz Adolf durch einen Speerwurf getötet wurde. Der Treue und der List der eigenen Gattin soll dem Tomburger Lied zufolge ähnlich der Sage von den Weibern zu Weinsberg Friedrich von Sombreff sein Leben verdankt haben; die Tomburg selber liegt seitdem in Trümmern. – Heusgen, Dekanat Meckenheim, S. 119. – Die um den Tod des Sohnes trauernde Mutter, Herzogin Sofia von Sachsen-Lauenburg, ließ die St. Lambertuskirche auf ihre Kosten wieder aufbauen, wo die Inschrift der großen Glocke und ein Fenster hinter dem Hochaltar noch in späterer Zeit an die Herzogin erinnerten, die neben ihrem Sohne in Nideggen begraben liegt. Auch die Braut des Prinzen Adolf raffte gleich der Mutter bald der Kummer hinweg. Das Klösterchen wurde nicht wieder aufgebaut, und sollen die Nonnen von Kuchenheim nach Stotzheim versetzt worden sein.

5)

Lacomblet, a. a. O. II, Nr. 482. Es ist irrig, aus der Urkunde die Zugehörigkeit Kuchenheims zu der Ahr-Hochstadenschen Erbschaft folgern zu wollen. Hermann Flecke v. Ahr, gehörte einem Dienstmannen-, nicht dem Dynastengeschlechte an; vgl. Regesten III Index.

6)
7)
8)
9)

Gissinger, Geschichte der Stadt Euskirchen, S. 151.
Regesten IV, Nr. 743.
Ebenda Nr. 837.
Ebenda Nr. 1908.









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Sonderheft Volksblatt-Verlag, A. Herbelsheimer & Co., K.G., Euskirchen 1940.





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