Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Die alten Glasgemälde aus dem Kreuzgang der Abtei Steinfeld.
Von Pfarrer Nik. Reinartz, Kreuzweingarten.

Im Jahre 1910 veröffentlichte H. Oidtmann im „Trierer Archiv“ eine auf der dortigen Stadtbibliothek befindliche Steinfelder Handschrift vom Jahre 1632, welche ein vollständiges Verzeichnis der in der Zeit von 1527–1557 im Kreuzgange der Abtei angebrachten Glasgemälde enthält. Gemäß derselben besaß Steinfeld einen außerordentlich reichen Fensterschmuck, eine Bilderbibel in des Wortes wahrer Bedeutung. Gegenstand der Darstellung war in 75 Hauptbildern die gesamte Heilsgeschichte, beginnend mit Engelsturz und Sündenfall, durchgeführt in Geburt und Kindheit, Leben und Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn bis zum Weltgericht, endigend mit einem Blick in das Reich Gottes im Himmel und das Reich Luzifers in der Hölle. Dazu kam fast die doppelte Anzahl von Darstellungen in den Bögen und Maßwerklichten, die in reicher Fülle Vorbilder und Prophetensprüche des alten Testamentes enthielten. Eine heimat- und kulturgeschichtlich wertvolle Zugabe bildeten endlich nochmals 75 Gemälde, Darstellungen der Stifter und ihrer Patrone. Eine Zusammenstellung derselben ergibt, daß das Gesamtkunstwerk lediglich von der Abtei Steinfeld und den ihr unterstellten Stiftern und Pfarreien geschaffen wurde. Wir lesen da die Namen der Äbte von Hamborn und Sayn, der Prioren von Reichenstein, Heinsberg, Niederehe und Ellen, der Großmeisterinnen von Dünnwald und Meer, der Pröpste von Heinsberg und St. Gerlach bei Falkenburg, letzteres bereits über die Grenzen des heutigen Deutschlands hinausgehend, sowie weiterhin in Holland die Namen der Abteien St. Nikolaus in Merna, St. Bonifaz in Dokkum, Mariagarden bei Leeuwarden, in Böhmen Tepl und Strahow bei Prag.





Standen diese zum Teil hochberühmten und mächtigen Stifte in dem direkten Abhängigkeits-, wenigstens Ehrfurchtsverhältnis der Filiation zum Mutterkloster Steinfeld, so übte dieses seinen segensvollen Einfluß indirekt in noch weit größerem Kreise aus, indem der Abt von Steinfeld als ständiger Generalvikar des Generalabtes seit dem 16. Jahrhundert mit der Aufsicht über sämtliche Prämonstratenserkloster in West- und Mitteldeutschland betraut war. Von den durch Steinfeld pastorierten Pfarreien sind mit dem Bild des Kirchenpatrons, teilweise auch des Pfarrers, vertretenen Krefeld-St. Dionys, Erp, Schleiden, Fritzdorf, Hochkirchen, Ripsdorf, Zülpich-St.Martin aus der Erzdiözese Köln; Bengen, Neuwied, Wehr aus der Diözese Trier; Obgeleen aus der Diözese Maastricht. Wir können uns denken, daß die Bilder in dem Wandelgang des Klosters (ambitus), der durch ihren Inhalt wirklich zu einem Kreuzgang, aber auch zu einer Ruhmeshalle geworden, in jahrelangem Vorübergehen und Betrachten sich den Gemütern der Ordensleute, mochten sie dem geistlichen oder dem dienenden Stande angehören, so unauslöschlich einprägten, daß sie in ihnen immer wieder heilsame Erwägungen anregten, aber auch eine stolzes Heimatgefühl wachhielten, auch dann, wenn sie fern dem Mutterkloster in entfernten Filialen oder auf einer einsamen Pfarrstelle standen.

Leider konnte Steinfeld sich seines Schatzes nicht ungestört erfreuen. Nicht weniger als fünfmal mußten in den stürmischen Jahrhunderten nach der Glaubensspaltung bei drohender Kriegsgefahr die Gemälde, mit deren Verbleiung eine wilde Soldateska ohne weiteres ihren Kugelvorrat auffüllte, aus den Fensteröffnungen herausgenommen, in Kisten verpackt und beiseite geschafft werden. Diesem Anlaß verdanken wir gerade das Verzeichnis des Prior Latz, welches nur eine Anleitung zur richtigen Wiedereinsetzung der Scheiben sein wollte, aber auch zeigt, mit welch liebevoller Sorgfalt dies geschah, wenngleich naturgemäß mancher Schaden nicht verhütet werden konnte.

Nicht weniger gefährlich wurde unseren Bildern dann der nüchterne Rationalismus der Aufklärungszeit, welcher sie, die allerdings schon vielfach beschädigt waren, endgültig entfernte, damit das Sonnenlicht durch nichtgemalte Scheiben besser einfallen könne! Mit der Französischen Revolution werden sie dann wie das ganze Kloster unter den Hammer gekommen sein und wie so manche rheinische Kunstschätze den Weg über den Kanal gefunden haben.

Oidtmann schließt seine Veröffentlichung im „Trierer Archiv“ mit den Worten: „Leider sind die kostbaren Denkmaler der Glasmalkunst, die einst den Kreuzgang von Steinfeld zierten,…verloren. Das kleine Heftchen hat es wenigstens ermöglicht, die Erinnerung an die einstige Pracht und Herrlichkeit urkundlich festzulegen und wachzuhalten!

Wer war denn der Verfasser, dem wir diese Erinnerung verdanken, jener Prior Latz? Das Steinfelder Konventualen - Verzeichnis nennt ihn einen frommen, geistvollen und witzigen Mann, eifrig tätig, eines längeren Lebens wert, – er starb im Alter von etwa 40 Jahren. Da ist es nun interessant zu sehen, wie diese Charakteristik sich in seinem Werkchen widerspiegelt. Um diesem größtmögliche Nutzbarkeit zu geben, versucht er sich immer wieder in wenig meisterhaften, für uns aber sehr wertvollen Bildskizzen, bemerkt aber gelegentlich in übermütiger Selbstverspottung: „Schuster, bleib’ bei deinem Leisten!“

Auch die Beigabe des am Gartenpförtchen sitzenden Mönchs – wohl er selbst – gehört hierher. Das Verzeichnis der Stiftsgeistlichen hat aber auch die für seine Familienbeziehungen bedeutsame Angabe: „Er war der Sohn unseres Klosterhalfen.“ Dessen Name ist mir nun nicht unbekannt; es ist Peter Latz, der Bruder der Girdgen Latz, der Ehefrau des Besitzers des Stürtzerhofes in Heistert, Dahm, meiner Ahnen. Diese persönliche Verknüpfung ist doch zu seltsam, als daß ich sie hier hätte übergeben sollen. War es der Geist des guten Prior, der zu gleicher Zeit, als sein Büchlein aus dem Staub der Bibliotheken wieder erstand und das Bild alter Steinfelder Herrlichkeit erweckte, seinen Nachfahren den Überresten derselben auf die Spur brachte?






St. Norbert mit Abt Johann von Ahrweiler

Im Jahre 1906 war bereits in dritter Auflage bei Edward Arnold in London ein Buch erschienen, „Ghost stories of an antiquary“, das den Rektor am King’s College in Cambridge, Dr. James, zum Verfasser hatte. Unter diesen „Geistergeschichten eines Altertumsfreundes“ befand sich auch eine: „Der Schatz des Abtes Thomas von Steinfeld“. Das Buch, welches im Eifelvereinsblatt ohne weitere Inhaltsangabe angezeigt wurde, hatte meine Aufmerksamkeit erregt. 1908 kam ich zum Eucharistischen Kongress nach London und dachte die Gelegenheit zu benutzen, um nach den vor wenigen Jahren in Norwich wieder aufgefundenen – mit unseren Steinfeldern gleichzeitigen – kunstvollen Fenstern von Mariawald zu sehen.

Zu diesem Zwecke einen Reiseführer zu erstehen, befand ich mich in einem jener „Bücherställe“, wie sie sich an der Charing Cross eine ganze Straße hinab, Laden an Laden, hinziehen, keine modernen Antiquariate mit geordneten Beständen und Verzeichnissen, sondern Stapelplätze, wo ganze Bücherstöße ungeordnet in Haufen aufgeschichtet liegen, wo die Bücherfreunde herantreten, selber suchen und kaufen, was ihnen gefällt. Ich frage den Buchhändler, ob vielleicht obengenanntes Buch bekannt oder vorhanden sei. Er zuckte die Achseln: „Das weiß ich selber nicht.“ Ich will mich also empfehlen – da, als ich die Hand von dem Bücherstoß, an dem ich gestanden, aufhebe – es ist wirklich wie eine Geistergeschichte –, fällt mein Blick auf das Buch, auf dem zufällig meine Hand geruht hatte, und in großer schwarzer Schrift starrt es mir von grobem weißen Leinenband entgegen: „Ghost Stories of an Antiquary.“ Der Buchhändler selber ist sprachlos, für ein paar Schilling überläßt er mir gerne das gesuchte Buch, das mich weit bedeutenderen Überresten rheinischer Glasmalkunst auf die Spur bringen sollte, als die in St. Stephens in Norwich.


St. Georg mit dem Stifter Peter Blankenheim

Unter dem Schatze des Abtes Thomas waren nun zwar keineswegs unsere Steinfelder Glasgemälde verstanden, wie man meinen könnte; im Gegenteil, die ganze „Geistergeschichte“ des (erdichteten!) Abtes war, wie mir der Verfasser auf meine Anfrage freundlich und offenherzig mitteilte: „Ich schäme mich fast, es zu gestehen“, eigene Erfindung. Tatsächlich hatte aber Dr. James, als er im Juli 1904 die Bilderfenster der Schlosskapelle des Earl Brownlaw zu Ashridge Park inventarisierte, dieselben unschwer aus verschiedentlicher Namensnennung als Steinfelder Herkunft erkannt. Selber nie in Steinfeld gewesen, in bezug auf die Geschichte der Abtei lediglich auf die dürftigen Angaben in der Gallia christiana angewiesen, war er gleichwohl unter seiner Arbeit so in den Zauberkreis der Bilder geraten, daß er aus demselben heraus jene Geistergeschichte geschrieben hatte.

Alsbald wandte ich mich an die Schlossverwaltung mit der Bitte um Erlaubnis zur Besichtigung der Kapelle; der Brief blieb unbeantwortet. Erst eine Empfehlung meines Gewährmanns öffnete mir die Pforte des Ehrentempels rheinischer Kunst auf englischen Boden. Die Überraschung war vollkommen. Wochenlang hatte mich das Getriebe der Weltstadt mit ihren vielgestaltigen, fremden Eindrucken umbrandet, der Weg nach Ashridge Park über einsame, von der warmen Herbstsonne vergoldete Heideflächen geführt, da tut sich mir inmitten eines Hochwaldes mit Rudeln von Edelwild auf weitem Plan das in neugotischem Stil erbaute Schloß des englischen Grafen auf, und – wie mit einem Zauberschlage fühle ich mich in Ashridge Chapel in die rheinische Heimat versetzt!






Darstellung Jesu im Tempel – Lichtmeßbild, charakteristisch für den Steinfelder Künstler das Schwelgen in prunkvoller Architektur

Als wenn ich im hohen Dome zu Köln in den Anblick der leuchtenden Pracht mittelalterlicher Kunst dort in den Fenstern des Nordschiffes versunken stände; nur ist der Eindruck jetzt geschlossener, übersichtlicher. Sämtliche elf große Doppelfenster der Kapelle sind mit Erzeugnissen rheinischer Glasmalkunst des sechzehnten Jahrhunderts angefüllt. Ueberall stehen Namen der Heimat auf den Stifterbildern, sehen Prämonstratenser in weißem Habit, Äbte, Ordensheilige, voran St. Norbert, auf den rheinischen Landsmann nieder. Edelgut der rheinischen Heimat – das ist der erste überwältigende Eindruck damals gewesen.

Heute kann ich nun an Hand einer mir freundlichst zur Verfügung gestellten Bestandsaufnahme der jetzt im Victoria- und Albert-Museum in London befindlichen Bilderfenster von Ashridge Chapel ihre Herkunft näher bestimmen und hier zum erstenmal in deutschen Landen den genauen Befund dessen veröffentlichen, was von dem reichen Fensterschmuck des Steinfelder Kreuzgangs uns erhalten geblieben ist. Zunächst sind von den 75 Hauptbildern, meist 100 x 55 Zentimeter groß, folgende 19 zu nennen: Engelsturz, Paradies und Sündenfall, Mariä Aufopferung, die Weisen vor Herodes, die Anbetung der Weisen, deren Warnung durch den Engel, der greise Simeon im Tempel, Jesu Darstellung im Tempel, Kindermord zu Bethlehem, Rückkehr der Hl. Familie nach Nazareth, Fußwaschung, Christi Gang zum Ölberge (mit dem Signet des Künstlers Gerhard Remsich), Annagelung ans Kreuz, Der gute Schächer, Christus am Kreuz, der unbußfertige Schächer, Grablegung, Auferstehung, Christus und die Emmausjünger.

Von den für die Kloster- und Profangeschichte wertvollen Stifterbildern, die mit den zugehörigen Patronats- und Wappenbildern in bunter Folge und wechselvollen Szenerien die Fenstersockeln in Höhe von einem halben Meter füllen, sind leider in Ashridge Chapel nur 13 erhalten geblieben, wozu allerdings noch zwei weitere in der Lord Mayors Chapel zu Bristol kommen. Erhalten sind vor allem zwei hochbedeutsame Stifterbilder aus dem ersten und zweiten Fenster. Das erste zeigt die majestätische Figur des Ordensstifters St. Norbert, der seine Hand schützend auf einen knienden mit Mitra und Stab ausgezeichneten Abt des Ordens hält, während ein Nebenbild die Verleihung des weißen Ordenskleides durch einen Engel an St. Norbert selber darstellt. Man wird in dem ungenannten Abt den Inaugurator der Kreuzgangsbilder, Johann von Ahrweiler, sehen dürfen, nebst einem Hinweis auf das ihm vom Papste verliehene Recht als erster Steinfelder Abt die Mitra zu tragen.






Engelsturz – Von einer gewaltigen Kraft der Darstellung der Verwandlung der gefallenen Engel in Teufelsfratzen, des Herabsinkens in den Abgrund jeglicher Scheußlichkeit, Gemeinheit und Bestialität

Das zweite Fenster enthält eine Darstellung Theodorichs von Hochstaden, Grafen von Ahr, des Erneuerers des Klosters, wie er vor dem von acht Brüdern getragenen (heute zu Paris im Louvre befindlichen) Schrein mit den Gebeinen des hl. Potentinus niederkniet. Von den Stifterbildern der großen Steinfeld unterstellten Abteien haben sich, wie oben bemerkt, neuerdings zwei an anderer Stelle in England wiedergefunden, nämlich aus dem sechsten Fenster das des Abtes von Sayn, Johannes von Berendorf, mit den Patronsbildern des hl. Nikolaus und der hll. Castor und Castrina aus der Potentinus-Legende. Zwei kostbare Stücke sind uns aus dem zwölften Fenster verblieben, eines den Apostel Andreas darstellend, laut Inschrift von Nikolaus von Nievenem (bei Neuß), Pastor zu Kaldenkirchen, der sich als treuen Diener der Steinfelder Prälaten bezeichnet, das andere ein Ecce homo als Weltenrichter vom Jahre 1531 mit einem Wappen und der wichtigen Bauinschrift: „Abt Johann v. Düren begann diese Seite des Kreuzgangs um das Jahr 1499." Aus dem vierzehnten Fenster ist ein St. Viktor als Kirchenpatron von Hochkirchen (Kreis Düren) erhalten, der freilich in Ashridge zu einer Scheibe, die den Namen des Pfarrers zu Wehr, Kreis Mayen, Ägidius Brull von Monsgau, trug, aus dem zwanzigsten Fenster irrigerweise gestellt wurde. Wir kommen zu dem fünfzehnten Fenster, das 1537 von dem Heinsberger Propst Wilhelm Wilre von Aachen gestiftet wurde. Erhalten ist das Sockelbild, welches Christus als Ecce homo das Kreuz umfassend nebst dem Wappen des Stifters zeigt. Wieder folgt ein Doppelbild aus dem sechzehnten Fenster: St. Georg, ein Ritter mit Kreuzesfahne und wallendem Helmbusch, den Drachen zu seinen Füßen, empfiehlt zwei kniende Prämonstratenser Christus, dargestellt beim Gastmahl zu Bethanien. Es sind diese Peter Blankenheim, Kaplan in Dünnwaldt, und Jakob Dürscheven, Kaplan in Hochkirchen. Das siebzehnte Fenster haben gestiftet Johannes Kauweiler, Pfarrer in Wehr, und Johannes Bauer, Prior zu Ellen bei Düren, wo sich ein Steinfeld unterstehendes Nonnenkloster befand, in welchem eine Partikel des Hl. Kreuzes von alters her verehrt wurde. Die wunderbare Übertragung derselben und Rettung aus dem Seesturm sieht man links auf der Scheibe, während rechts der Namenspatron der Stifter, der Heilige Johannes, die Rettung des apokalyptischen Weibes vor dem Drachen darstellt. Mittelpunkt der Sockelbilder im einundzwanzigsten Fenster war die Erscheinung des Auferstandenen bei seiner Mutter. Als Stifter sind genannt die beiden benachbarten Steinfelder Pfarrer von Fritzdorf, Kreis Rheinbach, und Bengen, Kreis Ahrweiler, jener Heinrich Naiss, aus der führenden Schleidener Familie 1542, dieser Jakob Scheven 1539, vermutlich bereits einmal als Stifter im sechzehnten Fenster genannt. Hier mit dem Patron der Kirche von Bengen, St. Lambert, dargestellt – interessant gegebenenfalls die Gegenüberstellung der beiden Porträts des Stifters. Auf einem Nebenbild im Hintergrund die Buße des Heiligen, barfuß in härenem Gewand mit ausgestreckten Armen nachts vor dem Kreuze betend.





An dem vierundzwanzigsten Fenster ist erhalten das Stifterbild des knienden Pfarrers Joh. Merck von Wehr am Laacher See mit seinem Namenspatron Johannes dem Evangelisten, der wiederum die Mutter des Erlösers nach der Apokalypse darstellt. Das letzte der Stifterbilder im achtundzwanzigsten Fenster zeigt noch einen Pastor von Bengen, Heinrich Broich, aus dem Jahre 1557 mit seinem Namenspatron, dem deutschen Kaiser, Heinrich dem Heiligen, Heinrich Broich, auch Paludanus genannt, wahrscheinlich aus dem gleichnamigen Dorfe bei Schleiden, war 1538 daselbst Altarist, später bei seinem Landsmann, dem genannten Heinrich Naiss, Kaplan in Fritzdorf gewesen. – Am schlimmsten ist es den kleineren Scheiben aus den Fensterbögen und den Maaswerklichten ergangen, nur vier Evangelisten sind erhalten geblieben; entweder sind solche beim Ausnehmen zersplittert oder in Ashridge Chapel als unverwendbar für die dortigen Fensterrahmen nicht weiter beachtet worden.

So ist von der gewaltigen Kunstschöpfung der Steinfelder Kreuzgangsfenster nur eine wenn auch glänzende Ruine geblieben. Trösten kann uns über diesen schmerzlichen Verlust in etwa der Hinblick auf einen anderen unserem Kreise entstammenden dem Steinfelder gleichartigen und gleichzeitigen auch durchaus gleichwertigen Bilderzyklus aus dem Kreuzgang des Klosters Mariawald, von dem uns in Ashridge Chapel nicht weniger wie 45 Glasgemälde „pretiosissimi artificii", wertvollster Kunstfertigkeit, wie eine alte Beschreibung sagt, erhalten blieben. Hierüber, so Gott will, im nächsten Jahrgang des Heimatkalenders!

So hat von der alten Steinfelder Herrlichkeit London seine Glasgemälde, wie Paris den Schrein des hl. Potentinus hat; Archiv und Bibliothek, einst weit berühmt, sind in alle Winde verstreut. Verschwunden sind auch aus den weiten Hallen die weißen Mönche selber, die alles menschlich schöne Wissen und Können gepflegt haben. Aber das Beste von ihnen ist noch im Andenken des Volkes lebendig. Wenn heute noch in der Eifel das Wort umgeht: Das weiße Roß von Steinfeld – Anspielung auf das weiße Ordensgewand – hat uns den katholischen Glauben gerettet, so verdankt die Heimat es der Gutherzigkeit und Mildtätigkeit der Ordensbrüder, von der das Sprichwort sich erhalten hat: „Die heiraten auf die Steinfelder Portz"! Verdankt es der religiösen Unterweisung, die sie meist vortreffliche Seelsorger dem christlichen Volke gaben; es sei nur erinnert an die Handpostille des Paters Goffine, den man neben Thomas von Kempen und Martin von Kochern stellen darf. Verdankt es endlich dem Streben nach christlicher Tugend und Vollkommenheit derselben gemäß dem Vorbild des Lieblingsheiligen des Eifeler Volkes, des Seligen Hermann-Josef, dessen Gebeine als kostbarster Schatz Steinfelds noch droben im Sarkophag aus Eifeler Marmor ruhen: grande decus patriae – ein Wort, das gleichermaßen für Hermann-Josef wie für Steinfeld selber gilt: Der Eifel erhabene Zier.

Fotos: Nikola Reinartz





Heimatkalender des Eifelgrenzkreises Schleiden, 1953, S 91–96.


Zu den Reinartz-Leitseiten - Indexseite (Startseite) | Kreuzweingartener Veröffentlichungen | Abtei Steinfeld und die Steinfelder Fenster
Eifeler Heimatforschungen - Artikel über religiöse und weltliche Themen | Biografisches





Ein Projekt von
woenge.de Dorfchronik u. wingarden.de Heimat-forschung Kreuzweingarten

© nikola-reinartz.de
©
nikolaus-reinartz.de
©
Kreisarchiv-Euskirchen
© Sammlung Woenge.de





© Copyright Kreisarchiv Euskirchen - Copyright nikola-reinartz.de - Copyright nikolaus-reinartz.de ©