Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de





Die Gründung Mariawalds
und der Sagenkranz um das Heimbacher Gnadenbild
Eine Untersuchung aus dem Grenzgebiet von Sage und Geschichte
Von Dr. Reinhold Heinen (Berg vor Nideggen)

C. 2. Die Rolle des Muttergottesbildes in der Gründungsgeschichte des Klosters

Wenn – wie die Aufzeichnungen Radermächers das tun – das Muttergottesbild im Mittelpunkt der Klostergründung stand, müßte sich das auch irgendwie in den zahlreichen Urkunden jener Zeit widerspiegeln. Aber aus all diesen Urkunden ergibt sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß das Gnadenbild bei der Gründung des Klosters irgend eine Bedeutung hatte. Es wird in keiner dieser Urkunden erwähnt, trotzdem eine solche Erwähnung bei dem Inhalt dieser Urkunden nicht zu vermeiden gewesen wäre. Die Urkunden stellen vielmehr den Kapellenbau des Pfarrers Duimgen (ca. 1477) in den Mittelpunkt, der wenige Jahre später den Anlaß zur Klostergründung gebildet hat. Nicht das Vorhandensein des Gnadenbildes sondern der Seeleneifer des Pfarrers Duimgen, der 1476 sich von Burggraf, Schultheiß, Schöffen und Gemeinderat von Heimbach ein Beglaubigungsschreiben für eine Sammelreise für einen Kirchenbau zu Ehren Gottes und der Muttergottes hatte ausstellen lassen (Urkunde bei Quix, Die Grafen von Hengebach, Die Schlösser und Städtchen Heimbach und Nideggen, 1839, S. 18ff.), scheint die treibende Kraft bei der Klostergründung gewesen zu sein. – Eine Randbemerkung: Dieses Beglaubigungsschreiben ist bisher immer auf eine Sammlung für einen Kirchenneubau in Heimbach bezogen worden (Quix, S. 17. Aegidius Müller, S. 43, u. a.). Nach seinem Wortlaut, der keinerlei näheren Hinweis auf den Ort des geplanten Kirchenbaus enthält, muß man das Schreiben eher auf den Bau der Kapelle in Mariawald beziehen, der etwa ein Jahr später erfolgte. Dafür spricht auch der Hinweis „zu Ehren Gottes und der Muttergottes“, da die Heimbacher Pfarrkirche dem Heiligen Klemens geweiht ist. Es ist auch kaum anzunehmen, daß eine kleine Pfarrgemeinde und ein Pfarrer gleichzeitig im selben Jahr zwei Kirchen bauen, zumal bei dem langsamen Tempo der Bauarbeiten in jener Zeit. (Wenn diese Vermutung sich als richtig erweisen sollte, was noch einer näheren Untersuchung bedarf, so würde der von Quix und Müller ohne Angaben sonstiger Belege für 1476 behauptete Neubau einer Pfarrkirche in Heimbach überhaupt nicht stattgefunden haben, sondern lediglich infolge der irrigen Auslegung der erwähnten Urkunde durch Quix vermutet worden sein. Man wird die Frage aber zunächst offen lassen müssen).

Daß die Holzkapelle nicht nur aus dem Privatvermögen des Pfarrers Duimgen, sondern auch aus anderen Zuwendungen erbaut worden war, ergibt sich auch aus der Übertragungsurkunde vom 11. November 1480 (Wortlaut bei Grubenbecher, S. 383, Goerke, 3. Aufl., S. 12), wo Duimgen erklärt, die Kapelle aus seinen eigenen Mitteln, aus den Almosen zahlreicher Christgläubigen und aus der Kapelle gemachten Zuwendungen erbaut zu haben.

Die Durchsicht der Mariawalder Urkunden auf eine etwaige Erwähnung des Gnadenbildes gibt folgendes völlig negative Ergebnis:

Die Schenkungsurkunde vom 11. November 1480, durch die Pfarrer Duimgen die von ihm erbaute Kapelle auf dem Kermeter an das Kloster Bottenbroich schenkt, erwähnt das Gnadenbild nicht (Grubenbecher, S. 383, Goerke, 3. Aufl., S. 12), während doch gerade in dieser Schenkungsurkunde die gleichzeitige Übergabe eines etwa vorhandenen Gnadenbildes nahegelegen hätte. Denn diese Urkunde umschreibt genau die Aufgabe, die der Stifter Duimgen den Zisterziensern in Mariawald zugedacht hatte: Sie sollen die Kapelle einweihen lassen, ihren Dienst versehen usw. („ad faciendam illam capellam consecrari, ac bona illius mortificari, illamque etiam deinceps cum bonis et redditibus suis universis et singulis regendam et gubernandam, atque idem in Divinis deservandam et deserviri faciendam“).

Die Urkunde des Ordenskommissars der Zisterzienser für Deutschland, des Abtes Arnold von Altenberg, vom 6. August 1483, welche die Holzkapelle dem Zisterzienserorden einverleibt (Goerke, 3. Aufl., S. 14, Wortlaut bei Grubenbecher, S. 381f.) beschäftigt sich in langen theologischen Erörterungen mit der Muttergottesverehrung im allgemeinen; sie nennt die Muttergottes „Mater Domini, Mater misericordiae, vita et dulcedo et Spes universorum“. Sie läßt aber jeden Hinweis auf die Verehrung der Schmerzhaften Mutter in diesen Ausführungen vermissen. In dieser Urkunde ist auch wiederum keine Andeutung von dem Vorhandensein eines Muttergottesbildes in Mariawald und von der besonderen Verehrung eines solchen Bildes zu finden, was gerade bei der Ausführlichkeit der Darlegungen über die Muttergottesverehrung und bei der konstituierenden Bedeutung der Urkunde in der Gründungsgeschichte des Klosters besonders auffallend ist. Das von Duimgen erbaute Gotteshaus wird in dieser Urkunde als „Kapelle zu Ehren der stets jungfräulichen Maria“ (“Capellam in honorem B(eatae) semper V(irginis) M(ariae)“) bezeichnet, damit in demselben das Andenken der Jungfrau Maria rechtmäßig gefeiert werde, wie es den Gelübden entspricht, und da es bereits von der Volksmenge stark besucht wird.“ (“ut in eadem (capella) memoria B(eatae) M(ariae) V(irginis) ingiter celebretur, sicut convenit devotis, et dum a populi turba frequentetur“). Auch die Urkunde desselben Abtes Arnold vom 14. September 1487 (Goerke, 3. Aufl., S. 16), die zum erstenmal den Namen Mariawald (“Nemus Mariae“) enthält, gibt keinerlei Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Muttergottesbildes oder einer besonderen Verehrung der Schmerzhaften Mutter.

Die Genehmigungsurkunde des Herzogs Wilhelm für die Klostergründung vom 14. Oktober 1489 (Wortlaut bei Quix, S. 47 ff.) spricht von „eyne Capelle ... mit alle synre Zubehoere“, erwähnt also das Gnadenbild ebenfalls nicht. Und die Genehmigungsurkunde des Papstes Alexander VI. vom 23. Januar 1497 (Wortlaut bei Quix, S. 50 ff.) spricht wohl von dem großen Zustrom von Gläubigen zu der neuen Gründung, aber wiederum nicht von einem Gnadenbild, ebenfalls nicht die Bestätigungsurkunde des Kölner Erzbischofs Hermann vom 21. Oktober 1497 (Wortlaut bei Quix, S. 53 ff.), trotzdem in dieser Urkunde zum erstenmal von zahlreichen Wunderzeichen auf dem Kermeter und großen Pilgerscharen die Rede ist. (“Cum dicta gloriosissima virgo Maria in ipso loco misericorditer et benigne ceperit chorustare et clarescere mirificis stupendis et inummeris miraculis ita quod christi fidelium turme magnaque multitudo populi quotidie illic confluunt ipsumque locum devotissime visitant.“) Auch die Urkunde des Herzogs über die Eingliederung der Pfarrei Heimbach in das Kloster Mariawald vom Maria Reinigungs-Tage 1521 (Wortlaut bei Quix, S. 55ff.) spricht von Wundern und anderen Zeichen, die sich in Mariawald ereigneten, aber wieder ohne Erwähnung des Gnadenbildes, während die päpstliche Einverleibungsurkunde von 1521 (Urkunde bei Quix, S. 59ff.) gleichfalls nichts über ein Gnadenbild oder über die Marienverehrung sagt, sondern lediglich von den dort zu christlicher Erbauung zusammenströmenden Gläubigen spricht.

Gerade diese Urkunden, die von Wundern und von dem starken Besuch der Wallfahrt sprechen, wären unmöglich an der Erwähnung eines Gnadenbildes vorbeigegangen, auf das diese Wunder und der starke Pilgerbesuch zurückzuführen waren.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß bei der Einweihung der beiden Altäre in der Holzkapelle Duimgens zwar ein Ablaß von 40 Tagen an den Besuch der Kapelle geknüpft wird, aber nicht an den Besuch des Gnadenbildes oder an das Gebet vor demselben. (Urkunde bei Quix, S. 47.)

Aus dieser Übersicht ergibt sich zwingend, daß das Vorhandensein des Gnadenbildes bei der Gründung des Klosters (1480) und auch in den ersten Jahrzehnten in Mariawald aus den Urkunden jener Zeit nicht bewiesen werden kann, daß vielmehr alle Urkunden in auffallender Weise von einem Gnadenbild schweigen. Die einzige Quelle für ein Vorhandensein des Gnadenbildes vor und in der ersten Zeit der Klostergründung ist lediglich die Niederschrift Radermächers und die Überlieferung des Volkes.





C. 3. Die Verehrung der Schmerzhaften Muttergottes in der Gründungszeit des Klosters






Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, Nr. 19, S. 145-149, 20.9.1934; Nr. 20, S. 153-156, 4.10.1934; Nr. 21, S. 162-165, 18.10.1934; Nr. 22, S. 170-172, 31.10.1934; Nr. 23, S. 181-183, 15.11.1934.


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